Wunderschöne Blumen, Insekten und andere Tiere, so stellen wir uns Wiesen vor. Doch die Wahrheit sieht zumeist oft ganz anders aus, denn blütenreiche Grünflächen werden immer seltener und mit ihnen schwindet auch die Artenvielfalt, die eine gesunde Natur benötigt.
Gründe sind u. a. das Mulchen von Straßen- und Wegrädern und die Ordnungsliebe in vielen letztendlich naturfernen Grünanlagen.
Mulchen
Unter Mulchen versteht man eine Mahd, bei der das Mähgut auf der Fläche verbleibt und verrottet. Im Gemüsegarten macht Mulchen Sinn, es verhindert das Aufkommen konkurrierender Beikräuter und versorgt den Boden mit Nährstoffen. Auf Freiflächen und an Straßen- und Wegrändern sind diese Effekte kontraproduktiv. Nicht nur, dass während des Mulchvorgangs unzählige Kleintiere und Pflanzen (in voller Blüte) kleingehäckselt werden, das auf der Fläche verbleibende Schnittgut düngt die Fläche. Doch sind die größten Artenzahlen an Pflanzen, auf nährstoffarmen Standorten anzutreffen. Mit einem Abtransport des Mähguts entzieht man den Flächen nach und nach die Nährstoffe und die Artenzahl nimmt zu.
Aus Sicht des Naturschutzes ist es viel sinnvoller, die Wegränder seltener und schonender zu mähen und das Mähgut wirtschaftlich als Rohstoff für Biogasanlagen oder Kompostieranlagen weiterzuverwenden.
Eine intensivere Pflege ist natürlich in Bereichen an Straßen und Wegen, die aus Gründen der Verkehrssicherung mehrfach im Jahr gemäht werden müssen unerlässlich – das ist aber nur der kleinere Anteil an den gesamten Straßen- und Wegkilometern.
Leider kann auch beobachtet werden, dass auf den geförderten Walnusspflanzungen, zwischen den Bäumchen gemulcht wird – eine Katastrophe für die Artenvielfalt. Dem/ der Landwirt:in muss die Produktion von kräuterreichen Heu durch Förderungen attraktiv gemacht werden.
Bleibt das Mulchgut zu dick liegen, was besonders beim Mulchen bereits höherer Vegetation der Fall ist, kommt es unter dem Mulchteppich zu Faulprozessen und abgelegte Eier und verpuppte Larven gehen zugrunde. Ebenso vertragen oberflächennah liegende Samen oder Keimlinge solche länger anhaltenden Bedingungen nicht. Das Mikroklima sollte optimaler Weise trocken, warm und sonnig sein und nicht feucht, kühl und schattig.
Wird begonnen, eine artenreiche Fläche regelmäßig zu mulchen, entwickelt sich in kurzer Zeit eine Fläche mit wenigen dominierenden Arten – zumeist düngerliebende, nitrophile Ruderalpflanzen. Die Mahd- bzw. Mulchintensivierung (Mahd bis zu sechsmal Mal im Jahr) und die (mehrmalige) Düngung führen zu einer starken Abnahme der durchschnittlichen Artenzahl (teils unter zehn Pflanzenarten), gegenüber 30 bis 40 Arten auf intakten, mäßig genutzten Grünflächen.
Ordnungsliebe
Biodiversitätsabträgliche Flächen finden sich leider auch viele in Privatgärten, auf dem Gelände von Kliniken, Pflegeheimen, Kindertagesstätten, Parks, Wohnsiedlungen etc. Überall dort wird flächendeckend bis weit in den Herbst hinein mit einem 14-tägigen Abstand bis auf wenige Zentimeter tief gemäht, oder der Rasenroboter mäht täglich über die Flächen – ein Fiasko für die Artenvielfalt. Unerklärlich auch das mangelnde Bewusstsein für Naturnähe. Da wird das Insektenhotel über der Ladestation für den Mähroboter aufgehängt. Doch wo bitte sollen die Wildbienen die nötige Nahrung sammeln – auf scheinblütentragenden Ball-Hortensien oder in den gefüllten Rosenblüten, da sicher nicht. Es wird auch nicht auf das Wetter geschaut, da wird bei der größten Hitzewelle im Hochsommer die bodenschützende Vegetation niedergemäht. Wahrscheinlich, weil der Termin so im Einsatzplan steht.
Die Versiegelung von Gärten, die Anlage von Schottergärten oder Mulchflächen mit Unkrautvlies müssen gestoppt werden. Es braucht mit heimischen Pflanzen bepflanzte, grüne Flächen die lediglich maximal zweimal im Jahr gemäht werden dürfen. Ergänzt werden sollten naturnahe Wiesen durch Hecke aus heimischen Sträuchern, Obstbäumen, Biotopholzhaufen – kurz: Strukturvielfalt.
Öffentliche Grünanlagen sollten insekten- und vogelfreundlich bepflanzt und gemanagt werden. Die naturnahe Gestaltung von öffentlichen Flächen soll Vorbildcharakter haben und durch entsprechende erklärende Maßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit, Beschilderungen, Führungen, Workshops) der Bewusstseinsbildung dienen. Die Pflege sollte nicht nach rein wirtschaftlichen Gründen erfolgen, sondern ökologische Ziele verfolgen. In diesem Zusammenhang sollte auch eine Reduzierung der nächtlichen Lichtverschmutzung Ziel sein.
Bitte lassen Sie Natur und damit Biodiversität zu. „Biologische Vielfalt ist nicht nur eine unbedeutende Spielerei der Natur, sondern sie sind Grundlage für alles Leben und sein weiteres Bestehen in der Zukunft" (Friedrich G. Barth).
Weiterführende Links:
https://umwelt-watchblog.de/mulchmaeher-neuer-generalangriff-auf-die-artenvielfalt-ein-beitrag-von-dr-friedrich-buer/
https://hortus-netzwerk.de/5497-2/
https://www.staz.de/region/mering/lokales/richtiger-pflege-strassenraender-artenvielfalt-erhoehen-id119188.html
https://www.derstandard.at/story/2000115159920/wenn-die-artenvielfalt-drastisch-abnimmt
https://www.quarks.de/umwelt/tierwelt/warum-wir-biodiversitaet-brauchen/
https://www.meinbezirk.at/deutschlandsberg/c-lokales/mehr-wildwuchs-als-massnahme-gegen-das-insektensterben_a4699580
https://www.lbv.de/ratgeber/oeffentliche-gruenflaechen/mulchen/
https://www.eva-abfallentsorgung.de/wp-content/uploads/2011/05/Praxisleitfaden_Eh_da-Fla__chen.pdf