Tagebuch des Klimawandels

über 50 Jahre Naturbeobachtung

Johannes Gepp blickt auf mehr als 50 Jahre dokumentierte Naturbeobachtungen zurück. Er bestätigt durch seine unzähligen Umweltstudien überzeugt, dass der Klimawandel in Naturräumen deutlich erkennbar voranschreitet! Frühe Warnungen vor klimarelevanten Entwicklungen wie beispielsweise gegen standort-problematische Fichtenmonokulturen (Gepp, 1974), gegen die Trockenlegung der Auengewässer (1985) oder für mehr Naturschutzgebiet (Naturschutz überall, 1995) verhallten über Jahrzehnte kaum berücksichtigt.

Aus seinen bisherigen Erfahrungen sind zahlreiche Folgen des Klimawandels für Jahrzehnte unaufhaltbar, aber jede weitere Klimaschutzmaßnahme bleibt umso notwendiger, um eine noch größere, ja weltweite Klimakatastrophe zu vermeiden!

Das große Fichtensterben

Klima wandelt sich und die Natur unübersehbar

Vorverlegter Frühlingsbeginn

Im Jahreslauf verändern steigende Temperaturen die Phänologie, vielfach die früher synchronisierte Anpassung von Tier- und Pflanzenarten an die Jahreszeiten. So erwecken Tage mit Vorfrühlings-Temperaturen mehrfach schon im Februar die ersten Späher unter den Honigbienen, Hummeln aber auch Mauerbienen, deren Erwachen aus der Winterruhe vor Jahrzehnten mit der Obstbaumblüte korrelierte. Das frühzeitige Erblühen von Obstbäumen setzt diesen erfrierenden Spätfrösten aus. Aus den Winterquartieren zurückkehrende Zugvögel versäumen das vorgezogene Auftreten frühjährlicher Raupen, die wesentliche Nahrung für deren Jugendaufzucht wären.

Wälder im Wandel

Für jeden und überall in Mitteleuropa sichtbar ist das Absterben zahlloser Bäume. Vor Jahrzehnten waren es schwefelhälftige Luftschadstoffe, die regionales Waldsterben bewirkten, seit der Jahrtausendwende sind es extreme Sturmereignisse, die in exponierten Lagen Bäume entwurzeln oder brechen. In den letzten fünf Jahren gab es mancherorts vermehrt winterliche Schnee- und Eisbrüche von Bäumen – beispielsweise in Osttirol in mehreren Jahren. Das durch die Ausdehnung der Generationen zunehmend schädlichere Auftreten des Buchdruckerkäfers tötet millionenfach klimageschwächte Fichten ab.

Höherwandern und Massenfruchten der Bäume

Die Reaktion der Bäume ist aber nicht nur Rückzug, ihre potentielle Höhenverbreitung steigt im Klimawandel um hunderte Meter. So wächst im Ötztal eine annähernd 20 Jahre alte Lärche in 2700 m Höhe. Die Häufigkeit des massenhaften Blühens und Fruchtens von Bäumen – sogenannte Mastjahre – nimmt deutlich zu. Zum Leidwesen der Allergiker blühen Haseln und Erlen seit Jahren massenhaft. In den letzten Jahren gab es unter nahezu allen Baumarten vermehrt eine sogenannte Vollmast – alle Bäume blühen und fruchten vielerorts in nie beobachteter Intensität – man könnte meinen, sie sammeln alle Energien, um sich vor der kommenden Klimakatastrophe noch vorsorglich zu vermehren? Es gab insbesondere im Jahr 2022, Fichten mit 11 000 Zapfen, Linden mit hunderttausenden Blüten und Streuobstbäume, die unter der Last ihrer Früchte brachen.  

Hochwasser an der Sulm Massenfruchten der Hasinbuche Wipfelbruch durch Schnee

Hochwasser an der Sulm                                         Massenfruchten der Hainbuche           Wipfelbruch durch Schneemassen

Trockenperioden wechseln mit Extremniederschlägen

Atlantische Wettersituationen bedingen länger dauernde Wetterphasen. Andauernde Hitzeperioden sind insbesondere in Städten gesundheitsgefährdend, bewirken Austrocknung von Bächen, Äckern etc. Die von erwärmten Meeren verfrachteten wasserdampfreichen Wolken bedingen große Niederschlagsmengen. Extreme Regenereignisse zeigen sich nicht nur in Deutschland, sie betrafen am 17.7.2010 beispielsweise auch das obere Kleine Sölktal, zum Glück kaum bewohnt, mit einem extremen Niederschlagsereignis (in 2 Stunden 120 l/m2) mit Wassermassen, die nur alle 5000 Jahre auftreten sollten – 13 Brücken wurden zerstört! 2017 traf es die kleine Stadt Oberwölz hart. Im Süden Österreichs waren 2023 in Kärnten und der Steiermark Siedlungen von Muren, Hangrutschungen und Hochwassern serienweise betroffen.

Gletscher von gestern, Skitourismus in Bedrängnis

Der Gletscherschwund in den Alpen und die Ausfälle von Naturschnee für Wintersportereignisse sind in aller Munde. Dem Hoffen der Skiregionen auf Kunstschnee als Lösung steht gegenüber, dass dieser und der Ferntourismus durch die Anreisen selbst als Klimabeschleuniger gelten. Für Gletscher-Skiregionen wachsen durch auftauenden Permafrost die Gefahren instabiler Hänge, auch durch unberechenbare Gletscherspalten etc. – siehe Dachsteingletscher, wo der Alpinskilauf erloschen ist!

Univ.-Doz. Dr. Johannes Gepp, Präsident Naturschutzbund Steiermark

Alle Fotos © Johannes Gepp

Februar 2024

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