1913-2024 Naturschutzbund Österreich
Seit 111 Jahren setzt sich der Naturschutzbund Österreich für den Schutz bedrohter Arten und ihrer Lebensräume ein. Gemeinsam haben wir viel erreicht. Durch den beharrlichen Einsatz und die unermüdliche Arbeit vieler Freiwilliger, sowie finanzieller Unterstützung durch Verwaltung, Wirtschaft und privaten Spenden sind u.a. wertvolle Steirische Naturjuwele erhalten geblieben.
Projekte wie Schutzgebiets-Initiativen zur Errichtung von National- und Naturparken, Ausweisung von Europaschutzgebieten oder Biotopsicherung durch Naturfreikauf sind nur einige Meilensteine der Naturschutz-Erfolge. Als Anwalt der Natur ist der Naturschutzbund heute mehr denn je gefordert. Es gilt auf Bedrohungen zu reagieren, Klimawandelanpassungsstrategien umzusetzen und weitere aktive Naturschutzprojekte zu initiieren. Unsere Zukunft hängt von der langfristigen Erhaltung und dem Schutz der Natur ab. Eine Herausforderung, der wir uns stellen. Gemeinsam schützen wir Natur!
Naturfreikauf sichert Biodiversitätsflächen
Wir als Naturschutzbund bemühen uns seit Jahrzehnten artenreiche und besonders gefährdete Flächen wie Moore, Fluss-Altarme, Bach- und Flussufer, Auwälder, Biotopholz-Standorte, Orchideenwiesen, Felsenhorste, Quellfluren etc. durch Kauf zu sichern. Erst im Eigentum ist Naturschutz, speziell Artenschutz in allen Details umsetzbar- ein unschätzbarer Vorteil bei der Sicherung der extrem bedrohten Arten- und Lebensraumvielfalt. Allzu oft sehen wir, dass Flächen, deren Erhaltung mit Naturschutz-Programmen vertraglich für 20 Jahre gesichert wurde, danach umgepflügt oder zerstört werden.
Blumenwiesen entfalten sich oft erst nach Jahrzehnten extensiver Pflege, bei Wäldern, die wir als „Urwälder der Zukunft“ sich selbst überlassen wollen, braucht die Natur Jahrhunderte, um ihrem natürlichen Entwicklungslauf zu folgen.
Der Großteil der Flächen des Naturschutzbundes wurde durch Spendenmittel von Naturschützer*innen erworben, aber auch Firmenspenden und Mittel der Öffentlichen Hand (Länder, Bund und EU) helfen uns Naturraum zu sichern. Schließlich sind es auch großzügige Grundstücksschenkungen und Erbschaften, die unser „Naturerbe“ bereichern. Oft wollen Menschen ihre artenreichen Naturflächen in die Obhut des Naturschutzbundes übergeben, um sie über ihren Tod hinaus zu sichern.
Herausforderungen
Die Natur ist vielerorts auf Restflächen zurückgedrängt, die zu Überlebensinseln für Tiere, Pflanzen und Pilze werden. Ihr Schutz genießt beim Naturschutzbund höchste Priorität. Der "sicherste" Weg, diese Flächen dauerhaft zu erhalten ist, sie freizukaufen. Seit vielen Jahrzehnten arbeitet der Naturschutzbund daran, mittels Pacht oder Ankauf bedrohte Naturflächen unter seine Obhut zu bringen.
Der Naturfreikauf stellt uns jedoch vor verschiedene Herausforderungen. Für die Rettung eines Stückes Natur sind große Barmittel, viel persönlicher Einsatz und viel Arbeitszeit notwendig. Nach den zumeist langwierigen und sehr sensiblen Kaufverhandlungen und dem Erwerb eines Grundstückes mit allen Nebenkosten müssen viele der freigekauften Flächen regelmäßig gepflegt und optimiert werden. Viele ehrenamtliche Helfer*innen müssen motiviert werden, wenn es darum geht, Moore von Büschen zu befreien, Amphibientümpel anzulegen, „Benjeshecken“ zu errichten oder Streuwiesen zu mähen. Auch rechtliche Fragen, wie die Haftung für Unfälle auf den Schutzflächen, müssen geklärt werden. Ohne ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen kann der langfristige Schutz der Flächen nicht gewährleistet werden.
Zentrale Forderungen des Maßnahmenkataloges für Flächenfreikauf und Biotoppflege
Um in Österreich Arten zu schützen und Lebensräume zu sichern ist Naturfreikauf und die naturschutzfachliche Pflege der freigekauften Flächen eine der wichtigsten Maßnahmen. Deshalb fordern wir:
1. Anerkennung von Naturfreikauf als einen wichtigen Beitrag zur Schaffung eines österreichweiten Biotopverbunds um Wanderkorridore und den genetischen Austausch zwischen Populationen zu gewährleisten, Schutzzonen auch außerhalb von Schutzgebieten zu garantieren und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme zu erhöhe
2. Mehr öffentliche Förderungen für naturschutzorientierte Flächenankäufe und deren Verwaltung
3. Finanzierung der Flächenpflege: Es muss durch die öffentliche Hand sichergestellt werden, dass erworbene Flächen langfristig geschützt und gepflegt werden. Dies erfordert langfristige Managementpläne zur Habitatoptimierung, um die dort lebenden Arten zu unterstützen, die Biodiversität zu erhöhen und die Resilienz des Naturraumes zu verstärken.
4. Bildung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit: Aufklärungskampagnen und Bildungsprogramme können das Bewusstsein für die Bedeutung des Flächenschutzes schärfen und die öffentliche und private Unterstützung für solche Maßnahmen erhöhen, weshalb auch dafür finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollen.
5. Verstärkte Berücksichtigung von naturschutzorientierten Flächenkäufen im Klimaschutz: Naturschutzflächen sind als wichtige Komponenten von Klimaschutzstrategien und Klimawandelanpassungsstrategien noch deutlicher hervorzuheben. Der Schutz von Wäldern, Mooren und anderen Ökosystemen trägt zur Kohlenstoffspeicherung bei, hilft den Klimawandel abzuschwächen und trägt zur Anpassung an die veränderten Klimabedingungen bei. Deals zum CO2-Ausgleich mit Naturschutzflächen müssen öffentlich reguliert werden.
6. Steuerliche Entlastung: Entlastung des Kaufs, des Besitzes und der Bewirtschaftung von Grundstücken, die unveränderlich dem Naturschutz gewidmet werden, z.B. durch Wegfall der Grundsteuer und der Grunderwerbssteuer.
7. Österreichweite Einführung von zweckgebundenen Naturschutzabgaben wie „Schotterschilling“ und „Tourismusabgabe“, sowie die gebundene Verwendung der Einnahmen aus diesen für den Erwerb und die Pflege von Naturschutzflächen.
8. Schutz von Ausgleichsflächen aus UVP-Verfahren und Flächen, die aus landwirtschaftlichen Kommassierungen entstehen, durch grundbücherliche Übergabe an fachlich und organisatorisch geeignete Stellen (Öffentliche Hand, Naturschutzorganisationen) sowie Sicherung der Finanzierung für die entstehende naturschutzfachlicher Pflege.
Diese Maßnahmen erleichtern nicht nur den Erwerb und Schutz von Naturflächen, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität, zur Dämpfung des Klimawandels und zur Anpassung an die Klimaveränderung. Ein starkes, gemeinschaftliches Engagement für den Naturfreikauf ist unerlässlich, um die Natur Österreichs für zukünftige Generationen zu bewahren.
Eisvogel, © Andreas Tiefenbach
Naturfreikauf Steiermark- eine Erfolgsgeschichte
Im Laufe seiner 111-jährigen Geschichte konnte der Naturschutzbund österreichweit bereits mehr als 2.220 schutzwürdige Lebensräume im Ausmaß von über 1.750 ha in seine Obhut nehmen. Sie sind einmalige Juwele unserer Natur- und Kulturlandschaft, die zu Überlebensinseln für gefährdete Tier- und Pflanzenarten wurden.
1974 begann die Naturfreikauf-Aktion in der Steiermark mit dem Erwerb von 6.000 m² des Hörfelder Moores. Ende der 1990er Jahre gelang der Ankauf des 11 km langen, aufgelassenen Dammes der Sulmtalbahn, der vom Naturschutzbund in Folge zur „längsten Hecke Österreichs“ gestaltet wurde.
Heute liegen die meisten Grundstücke, bereits an die 800 mit einer Fläche von über 404 ha* in der Steiermark. Über 260 ha stehen in seinem Eigentum, der Rest wird gepachtet oder ist dem Naturschutzbund für naturschutzfachlich optimierte Pflege überlassen. Derzeit werden Verhandlungen über den Ankauf weitere ca. 139 ha geführt. Die Biodiversitätsflächen sind quer durch die Steiermark, vom Ennstal bis zur Grenzmur zu finden. Etliche davon bilden Cluster- wie etwa Grundstücke im Ennstal, an der Sulm oder an der Raab, die nicht nur naturschutzfachliche Erfolge zeigen, sondern aufgrund ihrer Ausdehnung bereits landschaftsprägend sind.
*Inklusive betreuter, variierender Flächen mit Fischereirechten sowie Beratungen für Nachbarflächen, private Blumenwiesen und sonstige Naturschutzprojekte.
Mehr Informationen zum Erfolgsprojekt: Naturoase „Mein Quadratmeter Raabtal“ finden Sie hier Mein m² Raabtal
Hier geht es zum Fachpapier: Maßnahmenkatalog Naturfreikauf und Biotoppflege
Auskünfte: Dr. Romana Ull, Vizepräsidentin Steiermark und Österreich Kontakt
Juni 2024
Unser Buch "Österreichisches Jahr des Naturschutzes" Hrsg. Johannes Gepp und weitere Bücher finden Sie in der Bücherauswahl