Mag. Markus Möslinger, Fachbereich Botanik | naturschutzbund | Stmk
Die Vorstellung von Mooren in unseren Köpfen besteht meist in weitläufigen, baumlosen, nebelverhangenen Landschaften, in denen auf Schritt und Tritt der Tod durch Versinken droht und regelmäßig Moorleichen gefunden werden. Dieses Bild gibt eine Situation wieder, die auf Teile Nord- und Westeuropas zutreffen mag – die steirische Moorwirklichkeit sieht anders aus.
Moore konzentrieren sich vor allem in den niederschlagsreichen nördlichen Landesteilen der Steiermark. Von den großen Moorlandschaften sind nur noch Reste erhalten, es überwiegen kleine und mittelgroße Moore. Dennoch sind sie von hohem naturschutzfachlichen Wert. Dieser ist u. a. durch die hohe Vielfalt an Moortypen bedingt, auch Moor ist nicht gleich Moor. Selbst Fachleuten bereitet deren Unterscheidung oft Kopfzerbrechen, denn die wissenschaftlich beschriebenen „Idealtypen“ sind durch vielerlei Übergangsstadien fließend miteinander verbunden.
Alle Moore sind vom Wasser geprägte Landlebensräume, fast schon ein Gegensatz in sich. Durch den wassergesättigten Boden können Pflanzenreste hier nicht vollständig verrotten, sondern werden zu Torf. Woher das Wasser kommt, ist fast schon Nebensache, würde sich nicht die Moortypologie danach richten: Im Großen und Ganzen werden Nieder- und Hochmoore unterschieden.
Niedermoore werden überwiegend von unten mit Wasser versorgt. Sie entstehen an Quellen, Bächen, Seen oder staunassen Senken überall dort, wo sich daher langfristig bis dauerhaft nasse Bodenverhältnisse einstellen. Ihre Vegetation besteht aus Pflanzen, die „nasse Füße“ gut vertragen. Dies sind vor allem Sauergräser, aber auch verschiedene Kräuter – darunter Orchideen und andere Raritäten.
Zu den Niedermooren zählen etwa Klein- und Großseggenriede, Schilfröhrichte, Pfeifengras- und Sumpfwiesen, deren dauerhafte Erhaltung überwiegend von einer extensiven Nutzung abhängt. Sie können sich zu Hochmooren weiterentwickeln. Nach neueren Erkenntnissen werden auch Feuchtwälder wie die Schwarzerlenbruchwälder zu den Niedermooren gezählt. Ausgedehnte Niedermoorlandschaften finden sich in der Steiermark etwa im Paltental um Trieben oder im Hörfeld südöstlich von Neumarkt.
Kleinseggenriede entstehen über nährstoffarmen Böden und beherbergen besonders über kalkreichen Böden artenreiche Pflanzengesellschaften. Neben vielen Seggen (u. a. Gelb-, Braun-, Davall- und Hirsesegge) kommen Wollgräser, Sumpf- Herzblatt, der Sumpf-Ständel, Sumpf- Schachtelhalm, Gewöhnlich-Fettkraut, Sumpf-Tarant, Teufelsabbiss und viele andere Arten vor.
Hochmoore hingegen werden vom Regenwasser versorgt – sie kommen daher bevorzugt in kühl-feuchten Regionen vor (v. a. Ennstal, Ausseerland). Ihre Vegetation wird von speziellen Torfmoosen geprägt, die nach oben weiterwachsen, während ihre basalen Teile absterben und zu Torf werden. Der Torfkörper kann im Laufe von Jahrtausenden mehrere Meter mächtig werden, wodurch sich ein Hochmoor uhrglasartig über seine Umgebung erhebt. Damit geht auch der Kontakt zum Mineralboden verloren, womit die Pflanzen an Nährstoffmangel leiden. Fleischfressende Pflanzen wie der Sonnentau fangen sich daher in Form kleiner Insekten ein Zubrot aus der Luft. Torfmoose können die wenigen verfügbaren Mineralstoffe aktiv aufnehmen, säuern dabei jedoch das umgebende Wasser und den Torf an. Durch diese Extrembedingungen ist die Blütenpflanzenvielfalt in Hochmooren deutlich niedriger als in Niedermooren.
Der Wasserspiegel im Hochmoor reicht knapp unter und sogar bis über die Bodenoberfläche. Somit können sich wassergefüllte Mulden bilden – sogenannte „Schlenken“ im Gegensatz zu den „Bulten“, von Torfmoosen gebildeten kleinen Hügeln. Jeder dieser Bereiche weist seine eigene Vegetation mit charakteristischen Pflanzenarten auf: Auf den Bulten wachsen neben Torfmoosen u. a. Sonnentau-Arten, Rosmarin-Heide, Groß-Torfbeere und Scheiden- Wollgras, an den Schlenken kommen Blumenbinse, Schlamm-Segge und seltener die Rasen-Haarbinse vor.
Ein Wuchs größerer Gehölze ist nur in den Randzonen möglich und wenigen Arten vorbehalten. Flächiges Vorkommen von Sträuchern wie der Latsche und Zwergsträuchern wie der Besenheide deutet meist auf Störung durch Entwässerung hin.
Große Hochmoore in der Steiermark sind etwa das Wörschacher Moor und das Pürgschachen-Moor, letzteres ist durch einen Rundweg für Interessierte erschlossen.
Übrigens: Moorleichen wurden in der Steiermark (noch) keine gefunden!
Moorschutz
Im Vordergrund stehen die Erhaltung bzw. die Renaturierung der letzten in der Steiermark verbliebenen Moore. Da diese Feuchtgebiete Zentren der Biodiversität sind, die essentielle Funktionen im Klimaschutz übernehmen, sollte deren Schutz höchste Priorität beigemessen werden.
Moore sind Landschaften mit ständige Wasserüberschuss (aus Niederschlägen oder Mineralbodenwasser), in denen Torf abgelagert wird (Mächtigkeit > 30 cm). Die österreichischen Moore sind 10.000 - 15.000 Jahre alt und geben daher als „Naturarchiv“ Aufschluss über die Klimaentwicklung. Moore sind auch lokale Klimastabilisatoren. Sie dienen als Wasserspeicher und geben daher die bei Unwettern aufgenommenen Regenmengen erst verzögert ab. Sie sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Sie binden Kohlendioxid und haben geringe bis gar keine Methan- und Lachgasbildung, ganz im Gegensatz zu landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Der fortschreitende Nutzungsdruck durch die Land- und Forstwirtschaft (Torfabbau), aber auch durch Infrastrukturprojekte lässt diese wertvollen Ökosysteme zunehmend aus dem Landschaftsbild verschwinden. Probleme und Grauzonen bei der Abwicklung von Förderungen bezüglich der Extensivierung oder gänzlichen Außernutzungsstellung dieser ökologisch wertvollen Flächen stellen für die Land- und Forstwirte oft keinen Anreiz dar, den Weg in Richtung Erhaltung der Moore zu gehen.
Moore sind zwar noch verbreitet, jedoch regional schon eine Rarität geworden. Sie sind zwar nicht ersetzbar und nur bedingt renaturierbar. Daher ist der Moorschutz essentiell. Letztendlich sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich das Bewusstsein hinsichtlich der Wichtigkeit der Moorlandschaften in Österreich in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Dass jedoch auch weiterhin großer Handlungsbedarf seitens des Naturschutzes sowie der dafür zuständigen Behörden gegeben ist, bleibt unbestritten.
Kontakt: Dipl.-Päd. und Universitätslektor DI Markus Ehrenpaar, Geschäftsführer Naturschutzbund Steiermark
März 2024