Bestäuberprojekt

In Österreich gibt es rund 700 Wildbienenarten, wovon ca. 420 für die Steiermark bekannt sind. Alle Wildbienenarten sind nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz geschützt. Die ökologische Bedeutung der Wildbienen liegt vor allem in der Bestäubung von Wildpflanzen und daher in der Erhaltung der biologischen Vielfalt; zusätzlich ist ein Großteil der weltweit wichtigen Kulturpflanzen auf die Bestäubung durch Wildbienen und anderen Insekten angewiesen. Für das dauerhafte Überleben artenreicher Wildbienengemeinschaften sind sowohl ein vielfältiges und reiches Blütenangebot als auch geeignete Nistplätze vonnöten. Letztere sind je nach Art z. B. besonnte Felsblöcke, Sand- und Lösshänge, morsche Baumstrünke, markhaltige Pflanzenstängel, lückig bewachsene Bodenstellen oder ungeteerte Feldwege.

Der Naturschutzbund Steiermark besitzt derzeit ca. 150 Grünland-Biotope (Fachbegriff für Lebensräume von Organismengemeinschaften), die größtenteils durch umfassende vegetationskundliche Aufnahmen zwischen 2015 und 2018 unterschiedlichen Typen zugeordnet worden sind. Diese Biotope befinden sich überwiegend in Schutzgebieten, insbesondere in Europaschutzgebieten (Natura-2000-Gebieten), und zahlreiche dieser Biotope sind europarechtlich streng geschützt. Zoologische Aufnahmen in diesen Biotopen wurden bislang nur fragmentarisch und zu wenigen Insektengruppen durchgeführt. Dieses Defizit soll im Bestäuberprojekt durch umfassende Aufnahmen zu Wildbienen verringert werden. Die Ergebnisse sind auch ein wichtiger Beitrag für eine zukünftige Beurteilung der Gefährdung von Wildbienenarten in Form von Roten Listen.

„Mit über 700 eigenen Grundstücken allein in der Steiermark sichert der Naturschutzbund mehrere für die Steiermark einzigartige Vorkommen seltenster Pflanzenarten. Vom Bestäuberprojekt erhoffen wir die Bestätigung, dass unsere artenreichen Biotope auch optimale Überlebensstätten für eine hier noch vielfältige Insektenwelt sind.“, sagt dazu Prof. Johannes Gepp, der Präsident des Naturschutzbundes Steiermark. Ein weiteres Projektziel ist es, jene Pflegemaßnahmen zu identifizieren, die förderlich für eine hohe Wildbienen-Vielfalt und für besonders schützenswerte Wildbienenarten sind. In der Folge sollen die gewonnen Erkenntnisse in anderen Biotopen umgesetzt werden. Öffentlichkeitsarbeit wie beispielsweise Naturvermittlungsveranstaltungen für die lokale, regionale und überregionale Bevölkerung ist ein integraler Projektbestandteil. Sie hat zum Ziel, den Wert einer natürlichen Vielfalt von Bestäuberinsekten und einer schonenden Nutzung der Kulturlandschaft aufzuzeigen.

Umsetzung

75 unbewaldete Biotope (Offenland) des Naturschutzbundes Steiermark wurden ausgewählt, darunter unterschiedliche Wiesentypen und Sonderstandorte wie Moore oder Sandhänge. Die Biotope liegen sowohl in tiefen Lagen der Flusstäler des Alpenvorlandes als auch in alpinen Gebieten mit Seehöhen bis 1000 m. Wildbienen werden mithilfe von Keschern und Malaisefallen gefangen. Bei Malaisefallen handelt es sich um große Netzfallen (ca. 1,8 m² Fangfläche), die für den automatischen Fang eines breiten Spektrums von flugfähigen Insekten entwickelt wurden (siehe Foto rechts). Das standardisierte Wiegen der gesamten Fangausbeute ermöglicht zusätzlich eine Bewertung der Biomasse, die an die im Zusammenhang mit dem Insektensterben berühmt gewordene  Krefeld-Studie angelehnt ist. Diese Daten können für eine anschließende Langzeitstudie zur Entwicklung von Insektenbeständen genutzt werden. Die gefangenen Tiere werden schließlich nach Großgruppen sortiert und für die zukünftige Auswertung durch Tiergruppenexperten aufbewahrt. Die Kescherfänge sind an die Methodik der durch das Bundesministerium in Auftrag gegebenen BINATS-Studie (Biodiversity – Nature – Safety) angelehnt, wobei je eine Beprobungen im Frühling, Sommer und Spätsommer durchgeführt wird.  Dabei wird ein „Kreuztransekt“, also zwei 2 Meter breite Linien von 40 Metern Länge, die sich im jeweiligen Mittelpunkt schneiden, beprobt. Darüber hinausgehend wird ein weiteres Transekt entlang eines Randbiotops, also eines Übergangsbereichs zu einem anderen Biotoptyp (z.B. einem Wald), begangen. Zuletzt werden in jedem Biotop an Sonderstrukturen wie vegetationslosen Bodenstellen, Totholz oder speziellen Blütenpflanzen potentielle Wildbienen-Raritäten gesucht.

Das Bestäuberprojekt wird mit Mitteln aus dem Österreichischen Programm für Ländliche Entwicklung 2014 - 2020 (kurz LE 14-20) finanziert. Jeweils etwa zur Hälfte werden die Projektkosten vom Land Steiermark und von der Europäischen Union getragen. Das Projekt entspricht der Vorhabensart „Studien und Investitionen zur Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung des natürlichen Erbes“, wobei ein wichtiges Programmziel die „Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung von schützenswerten Lebensräumen und Arten“ ist. (04.11.2020)

Projektteam


Oliver Zweidick, MSc
Organisatorische und fachliche Projektleitung


Elisabeth Papenberg
Bestimmung von Wildbienen

Lorenz Wido Gunczy, BSc
Externer Experte zur Unterstützung bei der Wildbienenbestimmung

Dr. Johann Neumayer
Externer Experte zur Unterstützung bei der Wildbienenbestimmung

 

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