Positionspapier für eine frei fließende Enns zwischen Mandling und Gesäuse

Der Naturschutzbund Steiermark setzt sich für den Erhalt der freien Fließstrecke an der Enns ein. Das ist nicht mit dem Bau von Wasserkraftwerken zu vereinen. Warum wir das tun, kann den folgenden Argumenten entnommen werden.

  • Die Enns zwischen Mandling (Salzburg) und dem Gesäuse (Steiermark) ist landschaftlich atemberaubend, einzigartig und anziehend. So bewirbt der Tourismusverband Schladming Dachstein die Enns und so erleben die Besucher:innen und vor allem Bewohner:innen der Region diesen Flussabschnitt. An der Oberen Enns finden wir mit 103 km Länge eine der letzten durchgehenden Fließstrecken in Österreich, übertroffen nur vom Tiroler Inn mit 146 km Länge. Die Obere Enns ist ein Fluss, der eine Region und ihre Bewohner:innen prägt, die Landschaft bereichert, eine Vielfalt an Arten beherbergt sowie das Umland und vor allem das Grundwasser positiv beeinflusst. Mit dem Bau der geplanten Kleinkraftwerke würden diese Qualitäten verloren gehen.
  • Die Enns ist aber auch ein Fluss mit vielen Problemen, ihr Lauf wurde in den vergangenen 200 Jahren um 19 km verkürzt, die Wasserfläche von rund 600 ha auf rund 270 ha reduziert und die Vernetzung mit dem Umland abgeschnitten. Im 20. Jahrhundert fanden Eingriffe durch die energiewirtschaftliche Nutzung in den Zubringern der Enns statt. Schwallbetrieb mit starken Schwankungen im Wasserstand, Stauraumspülungen und Wasserentnahme für Pistenbeschneiung ergeben in Summe eine enorme Belastung für das Ökosystem. Mittlerweile spiegeln sich diese Belastungen in einem drastischen Rückgang der Fischbiomasse wider. Jeder weitere Eingriff in das Flussökosystem könnte ein Eingriff zu viel sein, der Fluss steht auf der Kippe, denn ein Wasserkraftwerk greift in den Lebensraum eines Flusses ein, er wird aufgestaut, seine dynamischen Kräfte blockiert und seine Durchgängigkeit unterbunden. Gerade der Abschnitt der Enns, an dem die Kraftwerke geplant sind, wird noch als ökologisch gut eingestuft, neben dem Gesäuse der letzte intakte Bereich. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht für solche Bereiche ein absolutes Verschlechterungsverbot vor. Wie lässt sich das mit den Plänen der Kraftwerksbetreiber vereinbaren?
  • Doch die Enns besitzt immer noch großes Potenzial, vor allem in den Abschnitten, die nicht durch den Schwallbetrieb belastet sind (von Schladming bis zur Sölkmündung/Gröbming). Von 2015 bis 2020 wurden 2 Mio. € investiert, um Flussabschnitte wieder naturnah zu gestalten. Maßnahmen, die nicht nur dem Fluss und der Artenvielfalt zugutekommen, sondern auch die Wirtschaft beleben, der Bevölkerung und den Gästen neue Naherholungsräume bieten und — so berichten es Fischer:innen — erstmals wieder Äschen auf den neu entstandenen Kiesbänken zum Ablaichen einladen. 2023 wurden bei Mandling zwei Flussschleifen wiederhergestellt (weitere 2 Mio. €). Dadurch ist der Fluss besser mit dem Umland vernetzt, der Wasserhaushalt befindet sich im Gleichgewicht und die Selbstreinigungskräfte sind wieder aktiviert. Zusätzlich wird in solchen Bereichen das Hochwasser gepuffert, wodurch Überflutungen im Siedlungsraum reduziert werden. Ein weiteres Projekt zur Revitalisierung der Enns ist gerade in der Einreichphase. Diese Maßnahmen zur Verbesserung der Flussökologie können nicht parallel mit Kraftwerksbauten und einer damit einhergehenden Verschlechterung des Lebensraumes durchgeführt werden.
  • Für die steirische Enns wurde vom Land Steiermark und dem BML ein Gewässerentwicklungs- und Risikomanagementkonzept erstellt, das für den Bereich mit den geplanten Kraftwerken konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Morphologie und der Durchgängigkeit vorsieht. Diese Maßnahmen sind nicht mit dem Bau von Kraftwerken zu vereinbaren.
    https://life-iris.at/enns-salzburg/ge-rm-enns-salzburg/
  • 2015 wurde die obere Enns in das steirische Regionalprogramm zum Schutz der Gewässerstrecken aufgenommen und laut dieser Verordnung ist darauf Bedacht zu nehmen, dass keine Querbauwerke errichtet werden, die die Durchgängigkeit über den überwiegenden Teil der Gewässerbreite behindern und dass es durch Eingriffe in die hydromorphologischen Eigenschaften dieser Gewässerstrecken zu keiner weiteren Verschlechterung des Zustandes kommt. Damit existiert für die freie Fließstrecke der Enns auch ein gesetzlicher Schutz, der einzuhalten ist.
  • Am 27. Februar 2024 hat das Europäische Parlament dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) Die Zukunft steht im Zeichen der Renaturierung von Ökosystemen, denn nur in einer intakten Umwelt können in ausreichender Menge sauberes Wasser, reine Luft, funktionierende Kreisläufe und eine Regulierung des Klimas gewährleistet werden. Die bereits umgesetzten Maßnahmen und alle zukünftigen Förderungen zur Renaturierung werden durch den Bau von Kraftwerken gefährdet.

Der Ausbau erneuerbarer Energien darf nicht mit einer Belastung oder Zerstörung von Ökosystemen einhergehen, denn deren Resilienz und Funktionsfähigkeit werden in Zukunft wesentlich für unser Leben und das unserer Kinder sein.
Wir sind es kommenden Generationen schuldig, die frei fließende Enns als Naturerbe in unserer Region zu erhalten!

Aufweitung und Revitalisierung der Salza-Mündung. © Karin Hochegger

Für den Steirischen Naturschutzbund, Bezirksgruppe Liezen Karin Hochegger und Toni Streicher

Kontakt: karin.hochegger@naturschutzbundsteiermark.at

Das Positionspapier wird von den folgenden Organisationen vollinhaltlich mitgetragen und unterstützt:

Regionale NGOs:
Verein Rettet die fließende Enns, Mag. Kurt Prack
ARGE Naturschutz Ausseerland und Ennstal, Dr. Thomas Seiler
Die Vogelwarte e.V, Mag. Jürgen Pollheimer

Regionale Unternehmen:
Ennsflusswandern, Helmut Knauß
Best Adventure Company, Helmut Berger
Grazer Kanuclub, Michael Strömer

Österreichische Umwelt- und Naturschutzverbände:

Datum Mai 2024

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