Weitreichend engagiertes und parteiunabhängiges Unterstützungskomitee initiiert Petition für EU-Renaturierungsgesetz
Wien, 07. Mai 2024 - Ein vielfältig zusammengesetztes, weitreichend engagiertes und parteiunabhängiges Unterstützungskomitee hat in Österreich eine Petition für das EU-Renaturierungsgesetz gestartet. Ziel ist, die Blockade durch einige Bundesländer aufzulösen, die bisher die Zustimmung zum Gesetz verweigern, obwohl das Umweltministerium seine Unterstützung zugesichert hat. Diese Maßnahme soll dringend benötigte Dynamik in die Angelegenheit bringen.
Das EU-Renaturierungsgesetz, das bereits vom EU-Parlament im Februar 2024 verabschiedet wurde, zielt darauf ab, nachhaltige Standards im Schutz von Natur und Lebensräumen in Europa zu setzen. Trotz der Unterstützung durch SPÖ, Grüne und NEOS im EU-Parlament wird das Gesetz von den für Naturschutz zuständigen Bundesländern Österreichs blockiert.
Die Petition, initiiert von Wolfgang Suske, richtet sich an die gesamte österreichische Bevölkerung. „Dieses Gesetz betrifft nicht nur den Naturschutz, sondern ist eine fundamentale Säule unserer Lebensgrundlage. Es ist beschämend, dass Österreich dieses bedeutende europäische Projekt behindert“, so Suske.
Ein wichtiger Aspekt des Renaturierungsgesetzes ist die Wiederherstellung von Mooren, die in einigen Bundesländern bisher unzureichend geschützt wurden. „Vorarlberg beherbergt ein Viertel aller Moore in Österreich. Die Renaturierung dieser Lebensräume ist einer der effektivsten Ansätze im Kampf gegen den Klimawandel“, erklärt Andreas Jäger, Mitglied des Unterstützungskomitees und renommierter Klimaexperte.
Auch die Landwirtschaft zeigt Unterstützung. Tanja Moser, Biobäuerin, und Walter Watzl, Bauer, betonen die Bedeutung einer intakten Umwelt für die Landwirtschaft und die Dringlichkeit des Gesetzes zur Verhinderung von ökologischen Kipppunkten.
Auch zahlreiche Künstler wie Josef Hader, Pia Hierzegger oder Oliver Ressler sind im Unterstützungskomitee vertreten. Das Renaturierungsgesetz bietet, laut Oliver Ressler, bekannter Künstler und Filmemacher, eine essentielle Chance, in einem Zeitalter des Massenaussterbens notwendige Lebensräume zu schützen und damit einen Akt der Selbstzerstörung zu verhindern:“ Unser, Zeitalter wurde von Wissenschafter*innen als jenes des 6. Massenaussterbens in der Geschichte des Lebens auf der Erde bezeichnet. Dem 5. Massenaussterben fielen die Saurier zum Opfer. In so einer Situation lebensnotwendige Schutzräume für mehr-als-menschliches Leben zu verhindern, ist nicht nur verantwortungslos, sondern auch ein Akt der Selbstzerstörung.“
Die Petition ist ab sofort unter www.renaturierungsgesetz.at zugänglich. Mit den Unterschriften sollen konstruktive Gespräche mit den Bundesländern geführt werden, um eine Zustimmung zum Gesetz zu erreichen.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
DI Wolfgang Suske
+ 43 677/624 882 81, petition@renatgesetz.at
Das Gesetz in Kürze
Das Renaturierungsgesetz sieht vor, dass alle EU-Mitgliedsländer in einem konkret festgelegten Zeitplan dafür sorgen, dass zerstörte oder beschädigte Teile der Natur wiederhergestellt werden. Das betrifft beispielsweise Moore, Feuchtgebiete, Flusssysteme, Wiesen und Wälder. Die Wiederherstellung der Natur ist für uns alle wichtig, da gesunde Ökosysteme eine Vielzahl an Leistungen für uns Menschen erbringen. So sorgen sie als natürliche Kohlenstoffspeicher für die Regulierung des Klimas. Sie bieten auch Schutz vor Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren, da beispielsweise Feuchtgebiete überschüssiges Wasser absorbieren und Wälder die Bodenerosion vermindern. Letztlich sichern sie aber auch unsere Lebensgrundlagen: sauberes Wasser, reine Luft und Nahrung.
Das Gesetz im Detail
Verbesserte Schutzgebiete
Das Wiederherstellungsgesetz soll europaweit die Funktionalität und den ökologischen Zustand von Lebensräumen verbessern bzw. wiederherstellen. Das Gesetz fordert die Mitgliedstaaten auf, bis 2030 Maßnahmen zu ergreifen, um 30 % der Fläche zerstörter Lebensräume wiederherzustellen bzw. 30 % degradierter Flächen zu verbessern. Dabei liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen bis 2030 innerhalb des europäischen Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerks. Nach Ablauf dieses Zeitraums müssen 60% der Flächen bis 2040 und 100% bis 2050 wiederhergestellt und der gute Zustand dieser Flächen zu 60% bis 2040 bzw. 90% bis 2050 gewährleistet sein.
Vielfalt auf Wiesen und Äckern
Die Vielfalt an Insekten und Vögeln nimmt trotz zahlreicher alarmierender Studien europaweit weiterhin stark ab. Anhand dieser beiden Tiergruppen kann der dramatische Zustand unserer Natur- und Kulturlandschaft gut abgelesen werden. Die fortschreitende Degradation der biologischen Vielfalt bedroht die ökologische Stabilität und die Leistungsfähigkeit der Ökosysteme. Um mehr Artenvielfalt in landwirtschaftlich geprägte Ökosysteme zu bringen, gilt es für die EU-Staaten entsprechend dem Gesetz die Bestände der Wiesenschmetterlinge zu verbessern, die Ausstattung der landwirtschaftlichen Flächen mit Landschaftselementen zu verbessern und den Anteil an organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden zu erhöhen. Zumindest bei zwei dieser drei Kategorien müssen Fortschritte erzielt werden. Zudem ist eine Steigerung der Populationen von Feldvögeln anzustreben. Das Gesetz enthält jedoch eine Sicherheitsklausel: Sollten die Wiederherstellungsmaßnahmen die landwirtschaftlichen Nutzflächen so stark reduzieren, dass nicht ausreichend Lebensmittel für die EU-Verbraucher produziert werden könnten, können die Zielvorgaben ausgesetzt werden.
Strukturreichere Wälder
Das Renaturierungsgesetz fordert nicht nur intakte Waldökosysteme, sondern auch eine Steigerung der Populationszahlen von Waldvogelarten. Waldökosysteme in gutem Zustand bieten zahlreiche Vorteile: Sie binden und speichern CO2 , stabilisieren den Boden, reinigen Wasser und Luft und verhindern Naturkatastrophen wie Muren- und Lawinenabgänge oder Überflutungen. In Österreich befinden sich die Wälder überwiegend in einem guten Zustand, und die Populationen der Waldvögel sind stabiler als jene der Feldvögel. Trotzdem besteht insbesondere bei der strukturellen Vielfalt der Waldgebiete, wie dem Anteil an Tot- und Altholz als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten noch Verbesserungsbedarf. Dies ist entscheidend, um die Biodiversität und ökologische Funktionalität der Wälder weiter zu fördern.
Mehr Moore
Moore speichern große Mengen an Kohlenstoff und zählen gleichzeitig zu den gefährdetsten Ökosystemen überhaupt. Etwa vier Fünftel der ursprünglichen Moorflächen Österreichs sind bereits vernichtet und zwei Drittel der verbliebenen Moorgebiete sind durch menschliche Eingriffe beeinträchtigt. Entwässerte Moorböden verursachen rund 3-4% der nationalen Treibhausgasemissionen.
Die Renaturierung entwässerter Torfgebiete zählt zu den kosteneffektivsten Maßnahmen, um die Treibhausgasemissionen im Agrarbereich zu reduzieren. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, bis 2030 mindestens 30 %, bis 2040 40% und bis 2050 mindestens 50% der entwässerten Torfgebiete wiederherzustellen, wobei mindestens ein Drittel wieder vernässt werden muss. Für Landwirte und private Grundbesitzer bleibt die Wiedervernässung eine freiwillige Maßnahme.
Intakte Flüsse und grüne Städte
Flüsse sind die Lebensadern in unserer Landschaft, die viel zu häufig durch Regulierungen, Verbauungen und Staue ihrer wichtigen Funktionen beraubt wurden.
Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, mindestens 25.000 Flusskilometer so zu renaturieren, dass die Flüsse an diesen Stellen wieder ihren natürlichen Lauf einnehmen, frei fließen und die Wasserregulierung der Landschaft übernehmen können.
In den Städten müssen die Mitgliedstaaten zum Nutzen der darin wohnenden Bevölkerung dafür sorgen, dass die Gesamtfläche der Grünflächen und Baumüberschirmung nicht abnimmt.
Vorgehen nach länderspezifischem Plan
Die Mitgliedstaaten erstellen als Basis all ihrer Tätigkeiten und jeweiligen Zuständigkeiten im Land sogenannte „nationale Wiederherstellungspläne“, in denen konkretisiert wird, wie sie die Ziele des Gesetzes erreichen wollen. Das ermöglicht jedem EU-Land, auf die naturräumlichen Eigenarten des Landes, deren typischen Bewirtschaftungsmuster und auch auf landestypische Verwaltungsformen einzugehen.